Geoengineering: Japan will Starkregen und Taifune kontrollieren

Mit dem Klimawandel nehmen Überschwemmungen und Stürme zu. Japanische Universitäten wollen die Folgen durch die Steuerung von Luftströmungen abmildern.

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(Bild: NASA images / Shutterstock.com)

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Von
  • Martin Kölling
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"Guerilla-Regen" ist der Begriff, der sich in Japan für plötzliche Regenfälle in Großstädten eingebürgert hat. Dabei fallen in einer Stunde mehr als 100 Liter Wasser pro Quadratmeter. Ein Konsortium japanischer Universitäten will diese sintflutartigen Starkregenfälle bekämpfen. Auch die Kraft von Taifunen soll gebremst werden. Denn beide werden mit dem Klimawandel häufiger auftreten und immer größere Schäden anrichten. Nicht verwunderlich ist es daher, dass die Bekämpfung der Phänomene zu den Moonshot-Projekten der japanischen Regierung gehört und konkret das Moonshot-Ziel Nr. 8 darstellt.

Das Problem der lokalen Sturzregen resultiert aus den Betonwüsten mit vielen Hochhäusern. Die großen Wärmetauscher der Klimaanlagen produzieren mehr heiße Luft, die sich gerne im Windschatten von Hochhäusern sammelt, aufsteigt und in kurzer Zeit Regenwolken produziert.

Eine Idee ist, mit großen Ventilatoren die Wärmeblasen und damit die Luftwirbel in Bodennähe zu zerstreuen und so die Regenwolkenbildung zu beeinflussen. Im Jahr 2010 kam eine Simulation auf der Grundlage eines tatsächlichen Guerilla-Regenereignisses in der Stadt Kobe zu dem Ergebnis, dass solche Gegenmaßnahmen die Regenmenge um 27 Prozent hätten reduzieren können.

Schmale Regenfronten, die tagelang über einem Gebiet verharren, sind ein weiteres Phänomen, das im japanischen Inselreich immer häufiger auftritt. Der Grund: Durch die höheren Meeres- und Lufttemperaturen verdunstet mehr Wasser.

Treffen die Regenfronten auf die Bergrücken Japans, kann es durch eine fatale Kettenreaktion von Ab- und Aufwinden zur reihenweisen Bildung von Cumulonimbuswolken kommen.

Die Regenmengen sind massiv, wie in dieser Woche wieder auf der südjapanischen Insel Kyushu zu beobachten war. Vom 29. Juni bis zum Nachmittag des 4. Juli fielen beispielsweise in einem Dorf in der Präfektur Kumamoto bereits 681 Liter Regen pro Quadratmeter. Die Behörden warnen vor Überflutungen und Erdrutschen, zwei ständige Wegbegleiter im bergigen Japan.

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Diesen Mechanismus wollen die Forscher nun mit einem Mittel unterbrechen, das auch beim Regenmachen zum Einsatz kommt: das Einsprühen von Trockeneis in die Wolken. Um Dauerregen zu reduzieren, überlegen die Forscher, Trockeneis gezielt an bestimmten Stellen in den Aufwinden zu versprühen, damit die Wolke weniger hochsteigen kann. So sollen die Abwinde ausgeglichen und damit die Rückkopplungsschleife in der Wolkenbildung unterbrochen werden.

Auch Taifunen wollen die Forscher ihre Kraft nehmen, etwa durch den Einsatz von Segelschiffflotten oder durch die Verhinderung der Aufnahme von Wasserdampf. Doch noch liegt viel Arbeit vor den Wissenschaftlern, um Fragen zu Aus- und Nebenwirkungen, Problemen bei der Umsetzung wie Kosten und vor allem den massiven Energieaufwand zu lösen.

Bereits 2030 sollen die Teams mithilfe von Klimamodellen kleine Machbarkeitsstudien für die verschiedenen Konzepte erstellen. Danach sollen erste Versuche stattfinden, heißt es in einer Präsentation vom März 2023.

Große Anwendungen sehen die Forscher ab 2040. Die Ideen sollen aber nicht auf Japan beschränkt bleiben. Kooperationen mit ausländischen Forschungseinrichtungen sind in Japans Geoengineering-Plan fest vorgesehen.

(jle)