Lauterbach: Mit KI und Daten schneller Impfungen für die nächste Pandemie

Mit Methoden Künstlicher Intelligenz, großen Datenmengen und Datenschutzänderungen will Lauterbach die Digitalisierung des Gesundheitswesens voranbringen.

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Karl Lauterbach und Jochen Lennerz

Karl Lauterbach und Jochen Lennerz

(Bild: BMG)

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Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach bezeichnete die zweitägige "Data for Health"-Konferenz in Berlin als "großen Erfolg". Dort trafen sich rund 300 Expertinnen und Experten aus der ganzen Welt, um die "transatlantische Zusammenarbeit voranzutreiben". Es gebe so viele neue Möglichkeiten, es liege in "unserer Verantwortung, die Chancen zu nutzen".

Von großen Sprachmodellen erhofft sich Lauterbach, dass diese künftig im Anamnesegespräch mitschreiben und Daten strukturiert erfassen. Mithilfe natürlicher Sprachverarbeitung (NLP) will Lauterbach zudem Hürden semantischer Interoperabilität überwinden. Es müsse demnach nicht mehr zwischen Terminologien wie SNOMED CT und deutschen und englischen Begrifflichkeiten unterschieden werden, dazu seien künftig die Sprachmodelle in der Lage.

Gesetze wie das Digitalgesetz und das Gesundheitsdatennutzungsgesetz sollen die Digitalisierung des Gesundheitswesens jetzt voranbringen. Mit einem dritten Gesetz wird die Gematik zu einer modernen Gesundheitsagentur. Lauterbach wolle zudem nicht nur die Gesetzgebungsagenda in Deutschland, sondern auch die Entwicklung des europäischen Gesundheitsdatenraums weiter vorantreiben. Dieser solle "einflussreich und stark sein, weil er europäische Länder verbinden wird".

Anfang der 2000er sei Deutschland Pionier unter anderem mit seinen Ansichten und Visionen zur Datensammlung und der elektronischen Gesundheitsakte gewesen, "aber wir haben 15 bis 20 Jahre verloren", sagte Lauterbach. Die Gesetzesvorhaben sollen im Rahmen der Sekundärnutzung ermöglichen, dass routinemäßig erhobene Daten Wissenschaftlern und Unternehmen zu Forschungszwecken zur Verfügung stehen, etwa bei Erstattungen von Beiträgen, im Arzt-Patienten-Gespräch oder auch Daten aus Registern. Lauterbach wolle die gleichen Datenerhebungsmethoden nutzen, die auch schon bei den "Erstattungen wertvoll sind". Mit gleichen Methoden wolle er auch Daten gewinnen, "die für die Forschung oder auch für die Behandlung von Bedeutung sind".

Bisher sei es dem überwiegenden Teil der Diskussionsteilnehmer zufolge so, dass gerade in der Pandemie vor allem die Daten anderer – etwa aus den USA – genutzt wurden, um Impfstoffe zu entwickeln. Im Gegenzug hatte Deutschland keine Daten beigesteuert. Damit das zur nächsten Pandemie anders wird und Europa schneller an Daten für eine Impfung kommt und wettbewerbsfähig bleibt, will Lauterbach schnellstmöglich die Gesetze ändern, insbesondere das Veto-Recht des Bundesbeauftragten für Datenschutz und Informationssicherheit. "Selbst, wenn 5 Millionen Menschen sterben würden", habe der Datenschutz Vorrang.

Die Ethikratsvorsitzende Alena Buyx sieht in Deutschland ein "ethisches Ungleichgewicht" in der Diskussion um Gesundheitsdaten. Privatsphäre und das Recht auf informationelle Autonomie würden stark priorisiert, von den Vorteilen der Datennutzung sei jedoch zu wenig die Rede. Das kritisierten auch andere Diskussionsteilnehmer. Für besseren Datenschutz will Lauterbach künftig auch synthetische Daten einsetzen, um KI-Systeme "durchzuspülen". Bisher ist allerdings auch das Forschen mit synthetischen Daten nicht verlässlich in anonymer Form möglich, wie Stadler et al. in einer Studie zeigen.